Ein Zeichen der Zuversicht
M+E-Tarifabschluss 2022 Mehr Geld in zwei Stufen für die Beschäftigten, Planungssicherheit für die Betriebe: Das bringt der Tarifabschluss 2022 für die Metall- und Elektro-Industrie (M+E). „In einem Umfeld von Rezession, Preisdruck auf Beschäftigte wie Unternehmen, Corona und Krieg schaffen wir damit langfristige Planbarkeit für alle Beteiligten und setzen ein deutliches Zeichen der Zuversicht“, betont Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf. Der Abschluss sei ein Vorschuss auf das Wachstum, auf das die Unternehmen ab 2024 wieder hoffen.
Dem Kompromiss in Baden-Württemberg vorausgegangen waren lange und schwierige Verhandlungen der M+E-Tarifparteien sowie bundesweite Warnstreiks. Mit dem Abschluss in der fünften Runde konnte ein Arbeitskampf abgewendet werden. Für Deutschlands größten Industriezweig mit seinen über 3,9 Millionen Beschäftigten gilt die Vereinbarung als Pilotabschluss.
Die wichtigsten Eckpunkte der Einigung: Die Beschäftigten erhalten 5,2 Prozent mehr Geld ab Juni 2023 und weitere 3,3 Prozent ab Mai 2024. Außerdem gibt es 3.000 Euro als steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie, ausgezahlt in zwei Tranchen. Die lange Laufzeit von 24 Monaten bringt Unternehmen und Beschäftigten Planungssicherheit. Alle Ergebnisse: siehe unten
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„Vorschuss auf hoffentlich bessere Zeiten“
Interview mit Dr. Stefan Wolf, 61. Er ist Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und Vorstandschef des schwäbischen Automobilzulieferers ElringKlinger.
Herr Dr. Wolf, Sie haben eine Tariferhöhung von über acht Prozent vereinbart. Haben Sie nicht immer erklärt, die Lage sei so schlecht?
Ja, das ist sie im Moment auch. Und die Prognosen für das nächste Jahr sind ebenfalls nicht gut. Aber ich habe auch immer gesagt, dass es etwas zu verteilen gibt, wenn wieder Wachstum da ist. Dieser Abschluss ist damit ein Vorschuss auf das hoffentlich kommende Wachstum. Und wir haben eine automatische Differenzierung ebenso wie eine Verabredung für den Fall, dass wir doch noch eine Energienotlage bekommen.
Trotzdem wirkt der Abschluss hoch ...
Das ist er ohne Frage auch. Unserer Wettbewerbsfähigkeit hilft das nicht, und die Arbeitsplätze sind damit leider auch nicht sicherer geworden. Aber ein Arbeitskampf hätte noch mehr Schaden angerichtet, und zum Kompromiss gehört ja auch, dass wir Unternehmen und Beschäftigten in unruhigen Zeiten eine relativ lange Planungssicherheit verschafft haben. Es ist halt ein Kompromiss – und wie ich finde: ein guter.
Warum hat es dann so lange gedauert?
Es sind schwierige Zeiten. Da ist es nicht so einfach, als wenn man etwas zu verteilen hat. Und wir haben mit dem Kompromiss unsere wichtigsten Ziele dieser Tarifrunde erreicht. Nun können wir uns auf die Arbeit konzentrieren und das Unsrige dafür tun, dass wir die vorhergesagte Rezession möglichst rasch überwinden. Denn wir kommen nur zusammen nach vorn!
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Das Wichtigste auf einen Blick
Laufzeit 24 Monate: Der Tarifvertrag läuft vom 1. Oktober 2022 bis 30. September 2024. Das gibt Unternehmen und Beschäftigten Planungssicherheit – und reicht hoffentlich in die Zeit nach der Rezession hinein.
Inflationsprämie: 3.000 Euro: Alle Tarifbeschäftigten in Vollzeit erhalten 3.000 Euro steuer- und abgabenfrei. Ausgezahlt wird in zwei Hälften: bis zum 1. März 2023 und bis zum 1. März 2024. Die Auszahlung der Prämie können Unternehmen in bestimmten Grenzen vorziehen oder aufschieben.
Entgelt +5,2 & 3,3 Prozent: Die Tarifentgelte steigen in zwei Stufen: zum 1. Juni 2023 um 5,2 Prozent und zum 1. Mai 2024 um 3,3 Prozent.
Flexibilität: Das Tarifliche Zusatzgeld T-ZUG (B) steigt auf 18,5 Prozent des Grundentgelts einer festgelegten Entgeltgruppe. Bei der Auszahlung haben Unternehmen Spielraum: Ist ihre wirtschaftliche Lage schlecht, können sie das T-ZUG (B), statt es am 31. Juli auszuzahlen, bis zum 30. April des Folgejahres schieben. Liegt zu diesem späteren Zeitpunkt die Nettoumsatzrendite unter 2,3 Prozent, kann die Zahlung auch ganz entfallen.
Energienotlage: Sollte eine Energienotlage eintreten, haben die Tarifpartner vereinbart, gemeinsam über die Auswirkungen der Energienotlage zu beraten, um dadurch die Existenz der Firmen und Arbeitsplätze sicherzustellen.
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