Interview mit Dr. Stefan Wolf, 60. Er ist Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und Vorstandschef des schwäbischen Automobilzulieferers ElringKlinger.
Herr Dr. Wolf, die Auftragsbücher sind voll. Sind rosige Zeiten angebrochen?
Schön wär’s. Richtig ist, dass die Unternehmen Aufträge bekommen. Das ist ein ermutigendes Zeichen, denn es beweist, dass die Produktpalette stimmt. Aber in vielen Fällen können sie die Aufträge gar nicht abarbeiten, weil die notwendigen Vorprodukte und Rohstoffe nicht da sind. Und wenn sie doch welche bekommen, dann sind sie oft so teuer, dass an den Aufträgen nichts mehr verdient würde – und damit ist auch keinem geholfen. Der russische Angriffskrieg hat die vorher schon angespannte Situation noch mal verschärft. Aber ich bin Optimist und glaube daran, dass sich auch das wieder bessert. Nur sicher nicht so schnell.
Unter den steigenden Preisen leiden aber nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Beschäftigten …
Ja, die steigenden Preise sind für Beschäftigte und Unternehmen ein Problem. Aber: Dagegen etwas zu tun ist Aufgabe der Europäischen Zentralbank. In den vergangenen Jahren fand die EZB es wichtiger, die verschuldeten Länder der Euro-Zone mit billigem Geld zu versorgen. Und wenn Preise aufgrund politischer Entscheidungen steigen, wie derzeit insbesondere die Energiepreise, kann auch nur die Politik gegensteuern.
Wie geht’s denn weiter?
Die Unsicherheiten und die Unterschiede, was die Lage der einzelnen Betriebe betrifft, sind aktuell größer denn je. Noch nie haben sich die Risiken so konzentriert wie derzeit. Und dabei müssen die Unternehmen noch die Kraft sammeln, um in den Strukturwandel zu investieren. Aber: In der M+E-Industrie ziehen Unternehmen und Beschäftigte an einem Strang, und gemeinsam schaffen wir auch das.
Foto: Amin Akhtar