„Ein Zeichen von Zuversicht und Verlässlichkeit“

Mehr Geld für die Beschäftigten, Zukunfts- und Job-Sicherung: Das bringt der Tarifabschluss 2021 für die Metall- und Elektro-Industrie (M+E). In der schwierigsten wirtschaftlichen Lage der Nachkriegszeit gibt er Betrieben und Mitarbeitern „ein Zeichen von Zuversicht und Verlässlichkeit“, betont Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf. Rezession, Corona-Krise, Strukturwandel: Auf all diese Herausforderungen mussten die Verhandler passende Antworten finden. Ein monatelanger Tarifkonflikt mit Warnstreiks entbrannte. Am Ende der siebten Verhandlungsrunde stand dann der richtungweisende Kompromiss für Nordrhein-Westfalen.

Die Vereinbarung von Düsseldorf gilt als Pilotabschluss für Deutschlands größten Industriezweig mit seinen fast 3,9 Millionen Beschäftigten. Danach erhalten die Arbeitnehmer im Juni 2021 eine Corona-Beihilfe von 500 Euro sowie eine neue, jährlich wiederkehrende Sonderzahlung ab 2022. Die Tarifpartner berücksichtigen auch die von Betrieb zu Betrieb oft sehr unterschiedliche wirtschaftliche Lage. So wurde für das laufende Jahr erstmals ein Entlastungsmechanismus für krisenbetroffene Betriebe vereinbart, der automatisch wirkt. Alle Ergebnisse: siehe unten.

„Gut für Betriebe und Beschäftigte“

Interview mit Dr. Stefan Wolf, 59. Er ist Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und Vorstandschef des schwäbischen Automobilzulieferers ElringKlinger.

Herr Dr. Wolf, wie bewerten Sie den Tarifabschluss?
Es war ein langer Weg, aber er hat sich gelohnt. In Nordrhein-Westfalen ist ein wirklich guter Abschluss gelungen – einer, der sowohl den Beschäftigten als auch den Unternehmen in diesen schwierigen Zeiten Zuversicht und Planungssicherheit gibt. Das sind sehr gute Nachrichten. Die Mitarbeiter bekommen mit der Corona-Beihilfe einen Ausgleich für die besonderen Belastungen in diesem Jahr. Und ab dem Jahr 2022 erhalten sie eine neue Sonderzahlung. In Unternehmen mit niedriger Nettoumsatzrendite von weniger als 2,3 Prozent wird das tarifliche Zusatzgeld B (T-ZUG B) in 2021 automatisch differenziert.

Dafür gaben Sie der Forderung nach Mitsprache im Strukturwandel nach?
Wir haben immer erklärt, dass wir für sinnvolle, freiwillige Modelle offen sind. Genau das haben wir erreicht. Über freiwillige betriebsbezogene Regelungen können Verabredungen zur Gestaltung des Strukturwandels getroffen werden. Das gilt übrigens auch für eine strukturwandelbedingte Arbeitszeitabsenkung, die länger als ein Jahr dauert. Dabei wird ein teilweiser und gestaffelter Teilentgeltausgleich gewährt, zu dem auch die Beschäftigten ihren Beitrag leisten. Das ist fair. Und der entscheidende Punkt ist: Das alles sind Angebote für unsere Unternehmen, die sie nutzen können, wenn es sinnvoll ist.

Sie hatten immer betont, es gäbe nichts zu verteilen.
Das ist auch so. Und das spiegelt der Abschluss auch wider. Die Unternehmen haben in diesem Jahr keine zusätzlichen Kostenbelastungen.

Und was haben die Beschäftigten davon?
Sie haben mehr Geld. – und mehr langfristige Sicherheit. Denn wenn die Kosten nicht weiter in die Höhe getrieben werden, stärkt das die Unternehmen am Standort Deutschland und macht damit auch die Arbeitsplätze in der Metall- und Elektro-Industrie sicherer.

Das Wichtigste auf einen Blick

Laufzeit und Entgelt

Laufzeit des Tarifvertrags

  • 21 Monate
  • Vom 1. Januar 2021 (rückwirkend) bis 30. September 2022

Entgelt

  • Corona-Beihilfe: 500 Euro im Juni 2021
  • Sonderzahlung („Transformationsgeld“):
    • 18,4 Prozent des Monatsentgelts im Februar 2022
    • 27,6 Prozent des Monatsentgelts, jährlich ab Februar 2023
  • Betriebliche Entlastung (automatische Differenzierung): Das tarifliche Zusatzgeld B (T-ZUG B) wird 2021 im Oktober fällig und kann in Abhängigkeit vom Unternehmensergebnis verschoben werden und ggf. entfallen.

Arbeitszeitabsenkung im Strukturwandel

Für die Begleitung des Strukturwandels werden die bestehenden Regelungen zur Arbeitszeitabsenkung durch eine weitere Option ergänzt. Danach kann die Arbeitszeit für maximal 36 Monate auf bis zu 32 Wochenstunden abgesenkt werden. Die Beschäftigten finanzieren einen Teilausgleich ihres Entgelts durch Verrechnung mit Sonderzahlungen. Zudem wird ihnen ein teilweiser und gestaffelter Entgeltausgleich gewährt, gemessen am durchschnittlichen Entgelt pro Stunde (siehe auch Grafik unten).

  • Arbeitszeitabsenkung bis zu 12 Monaten Dauer: Kein Entgeltzuschlag
  • Arbeitszeitabsenkung ab 13 bis 24 Monate Dauer: Entgeltzuschlag von 25 Prozent bei einer Absenkung auf 32 Wochenstunden
  • Arbeitszeitabsenkung ab 25 bis 36 Monate Dauer:
    • Entgeltzuschlag von 25 Prozent bei einer Absenkung auf 33 Wochenstunden
    • Entgeltzuschlag von 50 Prozent bei einer Absenkung auf 32 Wochenstunden
  • Bei Arbeitszeitverkürzungen aufgrund der Konjunktur oder des Strukturwandels sind betriebsbedingte Kündigungen nicht möglich.

Zukunftstarifverträge

Auf betrieblicher Ebene kann ein Zukunftstarifvertrag vereinbart werden.

  • Ziel ist die Begleitung von Prozessen im Strukturwandel bei festgestellten Handlungsbedarfen – also zum Beispiel im Rahmen von Digitalisierung, Energie- und Mobilitätswende.
  • Grundlage dafür sind betriebliche Gesprächsprozesse mit gegegbenenfalls einvernehmlicher Analyse.
  • Dieser Prozess kann nicht einseitig durch eine Betriebspartei erzwungen werden.